Nepal im Oktober 2016

Nach 7 Wochen in Nepal geht es morgen zurück nach Bremen. Es war eine gute und erfolgreiche Reise, geprägt durch den Erfolg, den wir weiterhin in Banjhakateri haben, dem Entschluss ein neues Zentrum im Osten von Nepal zu errichten und einer 13tägigen Wanderung bis auf 5.416m Höhe.

Am 9.9. traf ich in Kathmandu ein und wurde mit dem neu erstandenen Jeep vom Flughafen abgeholt. Wir konnten das gebrauchte Auto verhältnismäßig günstig erwerben. Wir versprechen uns durch den Kauf eine deutliche Reduktion unserer Transportkosten. Außerdem können wir nun die Medikamente in Kathmandu kaufen und einfacher nach BKT transportieren. Der fehlende Wettbewerb der Großhändler in Gulmi zeigte sich in deutlich höheren Preisen im Vergleich zu Kathmandu. Die verbesserte Sicherheit auf dem Weg nach BKT war ein weiterer Aspekt der Kaufentscheidung.

In den darauf folgenden drei Tagen war Büroarbeit angesagt. Da ich in diesem Jahr das erste Mal in Nepal war, brauchte ich mehr Zeit für die Durchsicht der Buchungen. Aarzu, unsere Buchhalterin, hatte aber alles gut vorbereitet, Krishna und Aarzu konnten alle Nachfragen kompetent beantworten. Es gab nichts zu beanstanden.

Danach wollte ich natürlich schnell nach BKT. Der Monsun war in diesem Jahr besonders heftig und lang. Über die Probleme mit dem Regen nach dem Erdbeben  in 2015 hatte ich ja schon berichtet. Die Folgen konnte ich auf dem Weg nach Gulmi persönlich sehen. So mussten wir mitunter zwei Stunden vor einer Baustelle warten, da große Maschinen die Hauptverkehrsstraße von Schlamm und Steinen räumen mussten. Während meiner ersten 14 Tage in Nepal regnete es täglich sehr heftig.

Noch schlimmer wurde es, nachdem wir die geteerte Straße verlassen hatten und uns off road durch den Schlamm nach BKT quälten. Ohne 4-Rad Antrieb wäre das nicht möglich gewesen. Vor allem die letzten 5 Kilometer gaben mir doch zu denken. Mit den Verantwortlichen des Dorfes war abgesprochen, dass sie einen guten Zustand des Weges zu gewährleisten haben. Sie fanden, dass sie ihrer Pflicht nachgekommen wären, wir hatten aber eine andere Vorstellung, wie so häufig in Nepal. Letztendlich sind wir angekommen, der Jeep hatte seine erste Bewährungsprobe bestanden und  Ramesh, unserer Fahrer, seine Kompetenz gezeigt.

Die Fertigstellung des Personalwohnheims zieht sich durch den permanenten Regen und die kommenden Feiertage noch etwas hinaus. In einer Woche, nach Tihar, dem Lichterfest, werden die letzten Probleme behoben sein und die Mannschaft kann einziehen.

Durch den gefliesten Boden hat das Zentrum nochmals einen neuen Charakter bekommen und kann nun endlich richtig sauber gehalten werden. Es hat mich besonders gefreut, dass alles sehr ordentlich aussah und unsere Leute auf den Zustand des Gebäudes achten und pfleglich damit umgehen. Das Schloss in der Patiententoilette fehlte aber, es gab den üblichen Riegel zum Abschließen des Raumes. Da nur wenige unserer Dörfler ein Schloss kennen, Vorhängeschlösser sind die Regel, gab es Probleme, die eingeschlossenen Menschen wieder heraus zu bekommen. Das nur als kleine Anekdote.

 

Das Patientenaufkommen bleibt hoch, mit zunehmender Tendenz. Aus den Nachbarbezirken kommen Kranke mit Sammeltaxis oder besser Jeeps. Bishnu sieht im Schnitt 35-50 Patienten pro Tag, wenn deutsche Ärzte vor Ort sind, kommen 90-100 Patienten. So behandelten wir in

 

2012          3.527 Patienten

2013          3.767 Patienten

2014           4.301 Patienten

2015           9.910 Patienten   seit März in unserem neuen Zentrum

2016         10.910 Patienten   bis September 2016

 

Fünf Patienten erhielten eine Operation am offenen Herzen in Kathmandu, alle Eingriffe waren erfolgreich. Sechs schwangere Frauen konnten wir frühzeitig mit einer Kaiserschnittindikation in entsprechende Krankenhäuser schicken. Die Ultraschalldiagnostik war entscheidend. Diese Frauen und deren ungeborene Kinder wären bei der Geburt gestorben. Wir unterstützen die mittellosen Patienten finanziell bei erforderlichen Operationen.

Auf dem Weg nach BKT besuchten wir das Lumbini Medical College in Tansen. Wir werden mit dem privaten Krankenhaus eine enge Kooperation eingehen. In Zukunft werden alle Operationen und weitere Diagnostik in deren Haus erfolgen. Krishna arbeitet entsprechende Verträge aus. Sie schicken demnächst einen Dermatologen und einen Augenarzt nach BKT. Kataraktoperationen sollen in unserem OP durchgeführt werden. Sie möchten auch Medizinstudenten zum Hospitieren schicken. Diese Kooperation wird für alle Beteiligten gewinnbringend sein.

Besonders freut es mich, dass sich viele ärztliche Kollegen aus Deutschland zur Mitarbeit zur Verfügung stellen. So langsam bereitet es mir Schwierigkeiten, alle Ärzte unterzubringen. Eine Vorlaufzeit von 6-9 Monaten brauche ich. Es hat sich ein Team von 3 Gynäkologinnen etabliert, die sich um einen Standard nach westlichen Gesichtspunkten bemühen und unsere Hebamme entsprechend ausbilden.

In einer Woche kommt ein Zahnarzt zu uns, dann wird es besonders voll werden. Wir versuchen mindestens viermal pro Jahr solche zahnärztlichen Camps durchzuführen, damit in Zukunft die Zähne nicht immer nur gezogen werden müssen.

Unser Team vor Ort ist und bleibt hoch motiviert und versucht eine qualitativ hochwertige Medizin anzubieten. Sie wollen weiterhin viel lernen.

Nicht alles läuft rund. So ist das Kaffeeprojekt ins Stocken geraten. Durch einen Pilzbefall sind viele Pflanzen eingegangen. Ganga hat noch 600 Setzlinge im Gewächshaus, die aber niemand mehr will. Viele Farmer haben den Mut verloren, weiterzumachen. Sie hören nicht auf die Erfahrungen der Kooperative aus Baletaxar, die genau die gleichen Anfangsschwierigkeiten hatten. Durch den heftigen und langen Regen hat die Kartoffelernte in diesem Jahr ebenfalls gelitten.  

Dafür war die Gemüseernte erfolgreicher. Tomaten gab es in Hülle und Fülle, es lohnte sich sogar, diese trotz der Transportkosten in Tamghas zu verkaufen.

An eine Biogasanlage hat sich noch keine Familie heran getraut. Die Kosten von 200 US Dollar sind wohl doch zu hoch. Dafür werden wir versuchen, die Familien für die Solarkocher zu interessieren. Diese sind hoch effektiv und bezahlbar.

 

Eine ganz besondere Neuigkeit ist der Kontakt zur Universität von New Mexico in den USA. Dort arbeitet  Professor Alok K. Bohara, Ph.D, Department of Economics. Er kommt ursprünglich aus dem Nachbarbezirk von BKT und hatte unser Zentrum vor sechs Wochen besucht. Er war sehr beeindruckt. Er will ein Konzept für eine „micro health insurance for the Bajkateri community“ erarbeiten. Das finde ich sehr spannend, es könnte auf Dauer ein Meilenstein für die Selbstständigkeit des Zentrums sein, denn wir wollen das Zentrum in spätestens 10 Jahren der Gemeinde übergeben.

Also, Banjhakateri ist auf einem guten Weg. 

 

Nach einer kurzen Verschnaufpause in Kathmandu sind Krishna, Renu, unsere neue Mitarbeiterin, und ich nach Osten gefahren, in den Bezirk Dolakhar. Dort hat das Erdbeben von 2015 den größten Schaden angerichtet. Ich habe persönliche Beziehungen zu dem Dorf Bigu, das auf etwa 2.600 m Höhe liegt und beim zweiten Beben im Epizentrum lag. Mein verstorbener Freund Tshering Sherpa ist in dem Dorf geboren, wir hatten immer eine gute Zeit dort. Freunde von Tshering baten um Hilfe, da seit April 2015 nichts geschehen ist. Kein Politiker hat sich seither sehen lassen. Die Menschen leben in Bretter- und Wellblechverschlägen, fast alle jungen Männer arbeiten irgendwo im Ausland, damit die Familien überleben können. 99% der alten und schönen Häuser sind zerstört.

Die medizinische Versorgung von Bigu und den Nachbardörfern ist extrem schlecht. Das Gebäude des staatlichen Health Posts hat beim Erdbeben keinen Schaden genommen, trotzdem sieht es dort übel aus.
Wie so häufig fehlt es an allem. Der verantwortliche Health Assistant ist nie anwesend, kassiert sein Gehalt, betreibt aber eine Apotheke in der nächsten größeren Stadt (Singati). Eine junge Hebamme mit 5 monatiger Erfahrung hat er allein gelassen. Die übliche Situation in Nepal. Spannend war zu sehen, welche Unordnung große NGOs in solch einem Setting hinterlassen können. Vor drei Monaten hatten japanische Kardiologen ein einwöchiges Camp durchgeführt. Im Anschluss haben sie die nicht gebrauchten Medikamente, Katheter und was ein Kardiologe sonst noch braucht, dort gelassen. Diese Dinge liegen nun herum, verstauben und schimmeln vor sich hin, weil niemand etwas damit anfangen kann. Hinzu kommt später das Entsorgungsproblem.

Da wir grundsätzlich mit dem Staat nicht zusammenarbeiten, die Gründe liegen auf der Hand, haben wir uns anderweitig umgesehen.

 

Bigu hat seit 1937 ein buddhistisches Nonnenkloster als spirituellen Mittelpunkt. Diese Kloster wurde von dem Erdbeben völlig zerstört.

Zum Wiederaufbau konnten die Nonnen Lama Geshe Lobsang Gyaltsen als Helfer gewinnen. Er hat es geschafft, Gelder im Ausland einzuwerben. Der Wiederaufbau hat begonnen, stockt aber durch die Erdrutsche, die die Straße nach Bigu im Moment unpassierbar gemacht haben. Wir Drei hatten sofort ein gutes Gefühl für die Situation und die Stimmung an diesem Ort. Um es kurz zu machen: auf dem Gelände des Klosters werden wir den Bau eines kleinen Gebäudes finanzieren, den wir dann als HP nutzen wollen. Kalkulierte Kosten etwa 60.000 Euro. Zwei der Nonnen werden zur medizinischen Ausbildung nach Kathmandu gehen, die Schulkosten wird Brepal tragen. Die Nonnen werden in einem Kloster in Kathmandu wohnen und essen. Es scheint aber nicht so einfach zu sein, die geeigneten Nonnen zu finden, denn eine 10jährige Schulbildung ist die Voraussetzung, und die haben nur wenige. Zwei Nonnen, die in Frage gekommen wären, wollen lieber ihre theologische Ausbildung fortsetzen. Das Problem wird sich aber lösen lassen.

Der Baubeginn soll im Frühjahr 2017 erfolgen, der Arbeitsbeginn könnte der späte Herbst 2017 sein. Die weitere Fortbildung des medizinischen Personals soll in bewährter Weise durch Ärzte aus Deutschland erfolgen. Durch unsere Erfahrungen in BKT wissen wir ja, wie es geht.

 

 

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an Unglück oder Qual.

 

Wir werfen Licht und Schatten

in unsrer Lebenszeit

und weder Hell noch Dunkel

bleibt bis in Ewigkeit.

 

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doch wer sich nicht entscheidet,

kann nicht lebendig sein.

 

Renate Eggert-Schwarten

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